Hochzeitsfotografie mit Micro Four Thirds? – Geht das? Und ob das geht. Auf ein paar Dinge sollte man allerdings achten. Hier meine Erfahrungen.
Irgendwie hält es sich noch hartnäckig. Das Vorurteil, dass Hochzeiten im Vollformat fotografiert werden müssen, wenn’s was werden soll. Klar, mit kiloweise Kleinbildequipment im Gepäck hat man auf den ersten Blick die prominenten Vorteile: High-ISO-Performance, riesiges Freistellungspotential und 10+ Bilder/Sekunde “In-die-Fresse-Dauerfeuer”. Geht aber auch anders. Und diskreter. Mit MFT ist man deutlich dezenter unterwegs und mit dem richtigen Equipment im Gepäck lassen sich auch hier die wichtigen Momente in einem geschmackvollen Look einfangen, der sich vor den Möglichkeiten von Vollformat nicht zu verstecken braucht. Die Voraussetzung natürlich hier wie überall, dass der, der hinter dem Sucher steht, weiß, was er tut und sich die Fotoausrüstung als Werkzeug zur Umsetzung seiner Ideen zu eigen macht.
Hier also meine Tipps für Hochzeitsfotografie mit Micro Four Thirds Ausrüstung.
1. Festbrennweiten for the win!
Stark freigestellte Motive, Bokeh-Orgien, rasiermesserdünne Schärfeebenen. Für viele das Who-is-Who im Hochzeitsfotografie-Repertoire. Ob das in dem oftmals exzessiv betriebenen Maße immer sinnvoll ist, sei mal dahingestellt. Die Anforderungen, die dahinter stecken, sind aber ja diese:
- in Portraits sollen Brautpaar oder Hochzeitsgäste angenehm freigestellt werden
- große Blenden sollen den Betrachter auf das Bildmotiv lenken,
- und gleichzeitig ein rauschärmeres Arbeiten bei schlechten Lichtverhältnissen ermöglichen
Was sich bei Vollformat mit den klassischen 24-70mm und 70-200mm Zooms bei konstanter Blende von f2.8 ansprechend und flexibel bewerkstelligen lässt, lässt sich in der Form nicht direkt auf die MFT-Welt übertragen. Deshalb lässt man hierfür die Olympus- und Panasonic-Zoom-Objektive in der Regel besser im Schrank. Die mit variabler Blende zumindest. Hier sind zum Einen schon die Anfangsblenden so klein (f3.5 und aufwärts), dass man bei Indoor-Aufnahmen wie Kirche, Standesamt & Co. recht schnell die Grenzen des erträglichen Bildrauschens erreicht. Zum Anderen ist das Freistellungspotential aufgrund des kleineren Sensors ohnehin schon deutlich geringer, so dass wir nicht auch noch ohne große Blenden auskommen. Hier führt also an Festbrennweiten kein Weg vorbei.
Im MFT-System gibt es davon zum Glück eine ganze Reihe, in allen Preislagen und mit unterschiedlichsten Brennweiten.
Meine Bevorzugten: 25, 45 und 75mm (analog KB 50, 90 und 150mm; meine Reviews zum Olympus 45mm f1.8 und 75mm f1.8).
2. Zweit-Body
Einen Backup-Body auf Hochzeiten dabei zu haben, empfiehlt sich sowieso. Wer ohne Zooms in die Schlacht zieht, freut sich aber auch, wenn er nicht in jeder neuen Situation herumschrauben muss, um auf die passende Brennweite zu kommen. Ja klar, “Meine Füße sind mein Zoom”, spricht der Festbrennweitenliebhaber. Aber auf Hochzeiten ist dem Zoomfüßler der einzufangende Moment auch mal schnell davongelaufen, wenn ständig hantiert werden muss.
Daher am besten eine passende, ergänzende Brennweite auf einen Zweitbody schrauben und Kameras statt Objektiv wechseln.
MFT-Bodys sind inzwischen schon so günstig zu bekommen, da lohnt sich die Investition insbesondere bei Hochzeitsfotografie, wo ein einmal verflogener Moment in der Regel nicht mehr nachzustellen ist.
Ein Setup, das sich für mich bewährt hat:
- Hauptbody (E-M1) mit 45mm Brennweite,
- Zweitbody (E-M10) mit 75mm.
- Auf Abruf ein Weitwinkel für Gruppen- und weiträumige Innenaufnahmen und ein 25mm falls mal der bei >45mm nötige Arbeitsabstand nicht eingehalten werden kann.
Damit lässt sich durchaus gut arbeiten. Ein kompaktes und leichtgewichtiges Kit, mit dem man für die meisten Situationen gewappnet ist.
3. Gesichtserkennung
Gesichtserkennung ist ein Segen. Automatisches Fokussieren auf das linke, rechte oder nähere Auge. In der Portraitfotografie und gerade auf Hochzeiten, wenn’s schnell gehen und das Fotos sitzen muss, eine große Hilfe. In den meisten Fällen. Manchmal haut die Automatik daneben und erkennt Gesichter, wo keine sind. In Falten vom Kleid oder Sakko beispielsweise. Auch, wenn man in größeren Gruppen auf bestimmte Personen fokussieren will, gehört die Gesichtserkennung abgeschaltet. Die sucht sich ihr Motiv nämlich auch in komplexen Szenen lieber selbst aus.
4. Oder doch ein Zoom?
Ich fotografiere gerne mit Festbrennweiten. Wer sich damit aber gar nicht anfreunden kann, sollte zumindest eines der Zooms mit konstanter Blende im Zugriff haben: Olympus 12-40mm f2.8, Panasonic 12-35mm f2.8, Olympus 40-150 f2.8 oder Panasonic 35-100 f2.8. Aber auch hier gilt: der Unterschied in der Freistellung zwischen f1.8 und f2.8 ist größer als gedacht. Außerdem neigen die Zooms mit konstanter Blende zu eher unruhigem Bokeh. Und wer, wie ich, lieber mit verfügbarem Licht arbeitet, dem ist jede Blende mehr Licht nur recht.
Fazit
Abschließend bleibt zu sagen, dass sich Hochzeitsfotografie und Micro Four Thirds keineswegs ausschließen. Wichtig ist, sich der Vorteile des Systems bewusst zu sein und konsequent auf diese zu bauen. Und am Ende liegt es beim Fotografen, die Ideen im Kopf mit den zur Verfügung stehenden Mitteln aufs Bild zu bekommen.
Sehr schöner Artikel. Ich scheue mich ja immer noch ein wenig, meine Hochzeiten nur mit MFT zu bestreiten. Für das gute Gefühl auf der anderen Seite starte ich meistens mit den großen Nikons und je weiter der Tag fortschreitet, desto mehr schwenke ich um zu den kleinen OMDs. Den Unterschied später merkt eh kaum einer bis keiner.
Toller Artikel. Kann dem nur zustimmen, habe letztes Jahr meine erste Hochzeit fotografieren dürfen. Ausgerüstet mit zwei OMD EM-10, dem 12-40 2.8, 45 1.8 und dem 75-300 ging es los. Habe fast nur mit dem 45er fotografiert. Für ein paar Detailaufnahmen hatte ich meine Nikon mit Makro dabei, da mir ein Makro für die OMD noch fehlt.
Das 75er wäre noch toll gewesen, ging aber auch so
Würde ich jederzeit wieder machen.
Bin derzeit mit zwei VF (5D iii und 6D) sowie einer OMD EM1 unterwegs.. Die Canon bleiben immer mehr in der Ecke liegen ; )
Wenn Olympus endlich mal eine Kamera mit zwei SD Karten Slots auf den Markt bringen würde, dann wären die Canon VF wohl Geschichte.
Viele Grüße und ich kann dem Beitrag nur beipflichten!
Die E-M1 Mk II soll ja zwei SD-Card Slots haben.. 😉
Sehr lesenswerter Artikel – vielen Dank dafür.
Ich selbst bin auch mit einer Micro Four Thirds Kamera unterwegs (Panasonic Lumix DMC-G5) – auch im Großraum Stuttgart 😉
Wer sich selbst ein Bild davon machen möchte kann gerne mal auf meiner Seite vorbeischauen: https://www.cielitolindo.de