Für jedes System gibt es diese ein oder zwei “must-have”-Objektive, bei denen das Preis-/Leistungsverhältnis so gut ist, dass man einfach nichts falsch machen kann. Für Micro Four Thirds ist eines davon das Olympus 45mm f1.8. Dieses kleine Teil kann ich einfach vorbehaltlos jedem empfehlen, der einen MFT-Body in der Schublade hat: klein, leicht, tolle Schärfe schon bei Offenblende und wunderbar weiches Bokeh. Und das für einen Straßenpreis von ca. 250,- Euro. Über das Olympus m.zuiko 75mm f1.8, hab ich mich hier ja schon einmal ausgelassen. Jetzt geht es um den kleinen Bruder: 2/3 der Größe, 2/3 der Brennweite, 1/3 des Preises.

Verarbeitung und Performance

Bei dem Preis darf man natürlich verarbeitungstechnisch keine Wunder erwarten. Das Gehäuse ist zwar aus Plastik, fühlt sich aber dennoch hochwertig, der Fokusring läuft angenehm weich. Immerhin: das Bajonett ist aus Metall. Die Streulichtblende fehlt im Lieferumfang Olympus-typisch. Will man eine solche anbringen, muss dafür ein schmaler Plastikring vom Objektiv heruntergefummelt werden. Sicherlich das Teil, das zuerst verbummelt wird. Ich hab das Ding daher gleich in die Schublade verbannt und dauerhaft eine günstige Nachbau-Blende drauf. Wetterfestigkeit kann man für den Kurs natürlich ebenfalls nicht erwarten.

Das 45er hat  9 Linsenelemente in 8 Gruppen und ebenso viele (=8) Blendenlamellen an Bord. Das kleine Leichtgewicht bringt ohne Streulichtblende gerade einmal 116 Gramm auf die Waage. Das Filtergewinde hat einen Durchmesser von 37mm. Der Autofokus arbeitet flott und sicher. Und leise: der sog. MSC-Motor (“movie-still-compatible”) sorgt beim Videodreh dafür, dass keine Motorgeräusche verewigt werden.

Größenvergleich zum 75mm f1.8

Kleiner Bruder: 2/3 der Größe, 2/3 der Brennweite, 1/3 des Preises

In der Praxis

Im Gegensatz zum großen Bruder, dem Olympus 75mm f.1.8, ist das 45er in der Brennweite ein gutes Drittel kürzer und damit in vielen Situationen flexibler zu handhaben, auch wenn die Brennweite mit 90mm analog Kleinbild immer noch im Telebereich wildert. Trotzdem ist das kleine Oly neben seiner Paradedisziplin, der Portraitfotografie, vielseitig einsetzbar wie bspw. bei Street- oder Naturaufnahmen. Wobei sein ideales Einsatzgebiet aus meiner Sicht tatsächlich Portraits sind. Gerade hier ist ein gewisses Freistellungspotential und störungsfreies Bokeh gefragt, was aufgrund des kleineren MFT-Sensors eine ungleich größere Herausforderung ist. Hier spielt das 45er seine Stärken aus. Portraitfotografie und Micro Four Thirds sind kein Widerspruch.olympus_45mm_008 olympus_45mm_002 Ein kleiner Wermutstropfen liegt in der relativ großen minimalen Fokusdistanz von einem halben Meter. Kleinere Motive werden daher nicht so formatfüllend abgelichtet, wie man es manchmal gerne hätte. Aber irgendetwas ist ja immer. Dank der sehr guten Abbildungsleistung, darf man andererseits dafür durchaus mal etwas mehr Croppen. Das 45mm war eines meiner ersten MFT-Objektive. Ich nutze es recht viel und gerne in Kombination mit dem 75mm (hier mein Testbericht).

Fazit

Wem kann ich diesen kleinen Festbrennzwerg empfehlen? – Jedem. Ich würde sogar sagen, jeder, der eine MFT-Kamera in der Schublade hat (und nicht das Panasonic Leica Nocticron mit 42,5mm, für dessen Preis man gut fünfeinhalb Mal das Oly bekäme..) schuldet es sich, das 45er einmal auszuprobieren.

Der Trend geht bei MFT inzwischen ja eher zu mittel- bis hochpreisigen Bodys. Aber es gab und gibt von Olympus und Panasonic für Micro Four Thirds immer noch viele relativ günstige Kameras im Markt, wie die GF-Reihe oder die PEN-Minis und PEN-Lites. Leider können die Kit-Zooms, die oft in dem Segment mit gekauft werden, nicht zeigen, was das System gepaart mit der richtigen Optik zu leisten im Stande ist. Das kann Ein- und Umsteiger schnell enttäuschen. Die relativ kleinen Blenden bei Anfangs- und Endbrennweite machen es in Kombination mit dem kleineren Sensor schwer, Motive freizustellen oder mit Unschärfen kreativ zu spielen. Daher kann ich nur jedem raten, das Kit-Zoom einmal ab- und eine der hervorragenden Festbrennweiten, wie das 45er anzuschrauben und damit die Kamera von der Kette zu lassen. Sicher, wer Zooms gewohnt ist, wird sich an die fixe Brennweite gewöhnen müssen, aber die Abbildungsleistung lehrt jedem Zoom in dieser Preisklasse das Fürchten und zeigt, dass sich Micro Four Thirds hinter größeren Systemen nicht zu verstecken braucht.

olympus_45mm_016

Beispielfotos

Alle Fotos gemacht mit dem Olympus m.zuiko 45mm f1.8 und den OMDs E-M5 und E-M10, RAWs nachbearbeitet in Adobe Lightroom.

Was andere meinen…

Hier ein paar Links anderen Reviews: