Weil ich ja seit einer Weile mit den OM-Ds von Olympus fotografiere, werde ich öfter mal gefragt, welches der aktuellen Modelle ich empfehlen würde und wo welche Kamera denn so ihre Vor- und Nachteile hat. Daher hier mal eine kleiner Vergleich mit Kaufberatung und Erfahrungsberichten aus erster Hand. Ich habe inzwischen sowohl mit der ersten OM-D, der E-M5, als auch mit der ihr nachgefolgten E-M1, dem aktuellen Olympus-Flaggschiff, sowie dem jüngsten Sprössling, der E-M10, fotografiert und gebe hier mal meinen Senf dazu.

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Olympus OM-D E-M5 – Alte Dame und Wegbereiterin

olympus_om-d_vergleich_012Als 2012 mit der E-M5 die OM-D-Reihe ins Leben gerufen wurde, ist Olympus ein großer Wurf gelungen. Zigfach ausgezeichnet, mehrfach zur Kamera des Jahres gekürt. Die kleine Spiegellose war in aller Munde und über Monate hinweg kaum zu bekommen. So hoch war die Nachfrage und so lang die Vorbestellerliste.

Den Micro-Four-Thirds-Standard (MFT) gab es schon eine Weile und auch einige Modelle, wie die PEN-Serie von Oylmpus oder die  viel gerühmte GF1 von Panasonic. Die Bildqualität blieb bis dahin aber sichtbar hinter der von APS-C-Kameras mit ihren größeren Sensoren zurück. Von Vollformatlern ganz zu schweigen.

Mit dem von Sony hergestellten Live-MOS-Sensor in der E-M5 änderte sich dies und MFT wurde plötzlich zur ernstzumehmenden Alternative: deutlich kompaktere Kameras und Objektive verhieß weniger Kilos zu schleppen ohne dabei wie bisher auf die entsprechende Bildqualität verzichten zu müssen. In Tests und Foren ließ man die E-M5 plötzlich gegen APS-C- und sogar Vollformat-Kameras in recht sinnfreien Pixelpeeping-Wettbewerben antreten. Aber das zeigt nur mehr die Euphorie die seinerzeit herrschte. Tatsache war immerhin, das Rauschverhalten und der Dynamikumfang spielte in einer anderen Liga als es bei den bisherigen MFT-Modellen der Fall war und die Bildqualtät brauchte den Vergleich mit Kameras deutlich größerer Sensor-Kategorien nicht scheuen.

Doch nicht nur die Sensor-Performance verhalf der E-M5 zu ihrem Erfolg. Olympus spendierte der kleinen E-M5 ein wetterfestes Gehäuse aus einer Mangesium-Legierung, volle manuelle Kontrolle, Doppel-Einstellrädchen, Dauerfeuer mit bis zu 9 Bilder/Sekunde und warb mit dem weltweit schnellsten Autofokussystem. Nicht zu vergessen: der 5-Axen-Bildstabilisator, der dafür sorgt, dass bei schlechten Lichtverhältnissen scharfe Bilder entstehen ohne in MFT-untaugliche höhere ISO-Bereiche vordringen zu müssen. Außerdem war der eingebaute elektronische Sucher als solcher tatsächlich zu gebrauchen, mit allen Vorteilen, die ein EVF so bringt. Alles in allem also ein Gesamtpaket, das auch zahlreiche professionelle Fotografen in Richtung MFT bewegte. Das war auch die Zeit, als ich meine Canon DSLR verkaufte und in das MFT-Lager wechselte.

Fassen wir also mal zusammen, was die E-M5 so erfolgreich machte:

  • Live-MOS-Sensor der neusten Generation (weniger Rauschen, besserer Dynamikumfang)
  • Schnelles Autofokussystem, bis zu 9 Bilder/Sekunde
  • Wetterfestes Mangesium-Gehäuse
  • 5-Achsen-Bildstabilisator
  • vielfältige manuelle Konfigurationsmöglichkeiten
  • hochaufgelöster, eingebauter elektronischer Sucher

Aber trotz der vielen Gold-Awards war nicht alles Edelmetall. Dies waren die Kritikpunkte an der E-M5:

  • verbesserungswürdiges Handling (Handgriff wenig ausgeformt, Tasten nicht optimal erreichbar)
  • sehr langsames Fokussieren mit Four-Thirds-Objektiven
  • wenig brauchbares Fokus-Tracking
  • Video-Modus nicht zeitgemäß (wenig Modi und nur 1080i)

Olympus OM-D E-M1 – Four-Thirds-Erbin und „Professionelle“

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2013 hat Olympus die OM-D-Reihe dann um die E-M1 als Flaggschiff erweitert. Die Kamera wurde gezielt auf professionelle Ansprüche hin ausgerichtet, was sich auch im Service widerspiegelt: Mit der Kamera erhält der Käufer den sogenannten Service Plus. Dieser beinhaltet:

  • Eigene Hotline für E-M1-Besitzer
  • Abholservice
  • Reparatur innerhalb von drei Werktagen
  • 6 Monate Zusatzgarantie (Olympus gibt in Europa zwei Jahre Garantie, so dass man hier auf zweieinhalb Jahre kommt)

Die E-M1 wirkt auf Fotos deutlich wuchtiger als die E-M5. Wenn man die beiden mal nebeneinander stellt, ist der Unterschied allerdings weniger dramatisch. Insbesondere, wenn man der E-M5 die horizontale Hälfte des optionalen, zweigeteilten Batteriegriffs (HLD-6) anzieht. Die paar Millimeter mehr in Breite und Höhe bringen der E-M1 jedoch deutliche Pluspunkte in der Bedienbarkeit ein. Sie liegt wunderbar in der Hand, auch ohne zusätzlichen Griff und scheint noch einmal besser als die schon hochwertige E-M5 verarbeitet zu sein. Das Bedienkonzept hat sich im Vergleich zur E-M5 etwas verändert. Zusätzliche Funktionstasten und Wahlschalter ermöglichen eine noch genauere Konfiguration durch den Benutzer. Aber was hat sich unter der Haube im Vergleich getan?

Unterschiede zur E-M5:

  • Verbesserte Handhabung durch ausgeformten Griff
  • Kein Low-Pass-Filter mehr für etwas höhere Detailschärfe
  • Deutlich größerer und höher aufgelöster elektronischer Sucher
  • Etwas höhere Serienbildrate
  • Fokus Peaking
  • Neben Staub und Wasser nun auch geschützt gegen Frost bis -10°C
  • Phasenautofokus bei der Verwendung von Four-Thirds-Objektiven (dadurch deutlich schnelleres Fokussieren möglich)
  • Verbesserter Tracking-Autofokus durch die Verwendung des Phasenautofokus (auch bei MFT-Objektiven)
  • Anschlüsse für externes Mikrofon und für Blitzsynchronisation
  • Kürzeste Verschlusszeit von 1/8000s (vs. 1/4000s)
  • Integration von WiFi
  • 81 Fokusfelder (vs. 35 bei der E-M5)
  • Der elektronische Sucher passt die Helligkeit an das Umgebungslicht an

Die Unterschiede in der Bildqualität zur E-M5 sind – wenn überhaupt vorhanden – nur marginal und wenn man normal mit seinen Fotos umgeht, selten auszumachen. So macht sich in der Praxis eher das bessere Handling bemerkbar. Die E-M1 ist einfach freier konfigurierbar, liegt besser in der Hand und der größere Sucher ist eine Wucht. WiFi ist nett, verwende ich aber selten. Ein oft unterschätztes Feature ist auch die kürzeste Verschlusszeit von 1/8000 Sekunde. Mit der E-M5 ist bei 1/4000 Feierabend. Und wer das für MFT verfügbare schnelle Glas (wie die m.zuiko 45mm & 75mm f1.8 oder gar ein Nocticron mit f1.2) bei Tageslicht offen verwenden will, um bspw. das Freistellungspotential maximal auszuschöpfen, der kann bei 1/8000s den Graufilter einmal länger in der Tasche lassen. Die höhere Anzahl an Fokusfeldern ist in der Praxis ebenfalls sehr nützlich. An der E-M1 fokussieren nun auch die “alten” Four-Thirds-Objektive anständig schnell, so dass auch E-5-Besitzer ohne allzu große Schmerzen umsteigen können.

Olympus OM-D E-M10 – Die Kleine, ganz groß

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Jüngster Spross in der OM-D-Familie ist die E-M10, die in 2014 auf den Markt kam. Olympus positioniert die E-M10 noch unterhalb der E-M5, und so muss die E-M10 ohne ein paar der Features der großen Schwester auskommen:

  • kein wetterfestes Gehäuse
  • „nur“ 3-Achsen-Stabilisator
  • kein Zubehör-Anschluss
  • kein optionaler Batteriegriff, jedoch Grifferweiterung für besseren Halt
  • Speicherkartenfach nicht mehr separat sondern im Akkufach an der Kameraunterseite

In einigen Punkten ist die Kleine E-M10 der gut zwei Jahre älteren E-M5, jedoch voraus:

  • höher auflösender Bildschirm (1.04 MP vs. 0,614 MP, allerdings kein OLED mehr)
  • besitzt als einzige OM-D einen eingebauten Blitz (bei den anderen Modellen wird ein Aufsteckblitz mitgeliefert)
  • verbesserter Videomodus
  • WiFi
  • TruePic VII Prozesser (aus der E-M1)
  • LiveComposite-Modus
  • 81 Fokusfelder
  • Der elektronische Sucher passt die Helligkeit an das Umgebungslicht an

Im Wesentlichen ist die E-M10 also eine E-M5 im nicht wetterfesten Gehäuse, dafür mit verbessertem Bildschirm, WiFi und schnellerem Prozessor. Und dabei dabei sogar günstiger. Das Gehäuse macht dafür einen für die Preisklasse zwar sehr gut verarbeiteten im Vergleich zu E-M5 aber etwas weniger wertigen Eindruckt.

Etwas nervig ist, dass die E-M10 nicht den Akku der anderen OM-Ds aufnehmen kann (BLN-1) sondern den Akku der PEN-Serie aufnimmt (BLS-5).

Wer auf das wetterfeste Gehäuse verzichten kann und mit dem Handling klarkommt, für den sollte es wenig Grund geben, noch eine E-M5 zum regulären Preis zu kaufen. Bei einem guten Gebrauchtangebot mag das etwas anderes sein aber vor dem Hintergrund, dass im Februar 2015 die E-M5 II erwartet wird, sollte man sich das gut überlegen, zumal die Gebrauchtangebote dann auch noch eimal im Preis fallen werden.

Zusammengefasst

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Ich hab’s ja schon gesagt, in Sachen Bildqualität schenken sich die Drei Modelle nicht wirklich viel. Unter bestimmten Lichtverhältnissen wird man hier und da sicherleich leichte Unterschiede feststellen können, aber ob das in der Praxis so oft eine nennenswerte Rolle spielt, bezweifle ich. Alle drei können sich bis ISO1600 sehen lassen, ab ISO3200 geht’s dann bergab. Die Unterschiede findet man dann eher in Ausstattungsmerkmalen wie WiFi, einem größeren Sucher, schnellerem Bildprozessor oder besserem Handling. Hier kommt’s konkret auf die Bedürfnisse und nicht zuletzt auch auf den Geldbeutel an. Ich nutze inzwischen eine E-M1 und eine E-M10. Das Handling der E-M1 ist schon eine Ecke angenehmer, daher kommt sie zum Einsatz, wenn’s drauf ankommt. Die E-M10 dient mir als Backup und wenn’s mal sehr kompakt sein muss. Von den Einstellmöglichkeiten her lassen sich alle drei sehr stark konfigurieren. Die Olympus-Menuführung ist bei allen Modellen weitestgehend identisch (also überall der gleiche Dschungel).

Das also aus meiner Sicht die Punkte, die die Modelle der OM-D Reihe voneinander unterscheiden. Die OM-D E-M5 II soll ja bereits im Februar kommen, mit Sensor-Shift-Technologie für Aufnahmen mit bis zu 40MP und anderen Spielereien. Und ich bin mir sicher, für die anderen Modelle, wird auch schon fleißig an den Nachfolgern gearbeitet. So aber mal die Momentaufnahme. Ich hoffe, das macht dem einen oder anderen die Entscheidung etwas leichter.